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Geschichte mit kriminalistischem Blick: Menschen ein Gesicht geben

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Dr. Gerd-Christian Thomas Treutler
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Hinter den „Kulissen“

Stand: Juni 2023

Dieses Jahr feiern wir „100 Jahre Falkensee“. Doch die Wurzeln der beiden Gemeinden, die sich hier zusammenschlossen, liegen natürlich viel tiefer. Sogar eine erotische Gräfin fühlte sich hier zeitweise wohl.

Wilhelmine Encke, die spätere Gräfin von Lichtenau, war die Geliebte von Friedrich Wilhelm II. Sie wurde aber von dessen strengem Onkel und Vormund König Friedrich II., auch bekannt als Friedrich der Große, nicht geduldet.* Also war das Liebesnest im Sommer 1768 in Falkenhagen. Denn dort konnte ihr Bruder Johann Gotthold Encke als Förster über ein großes Haus verfügen.

Aufsehenerregend
„Die Bauern staunten nicht schlecht, als eine überaus feine und sehr junge Dame, nach neuester Pariser Mode gekleidet, ihre Damast-Schühchen in den Staub der unbefestigten Dorfstraße setzte“, hat Dr. Gerd-Christian Thomas Treutler die Szene rekonstruiert. Zu lesen ist dies in seinem Buch „Märkische Geschichten“, das sich mit dem alten Falkenhagen in mehreren Kurzgeschichten beschäftigt. Dabei hat Dr. Treutler ansonsten eher „normale“ Menschen, wie einen Holzdieb, im Visier. Ihm geht es darum, ihnen in seinen Geschichtsforschungen ein Gesicht zu geben.
„Über Könige und Adelige ist ja schon viel geschrieben worden“, erklärt er seinen Ansatz. Allen Geschichten im Buch gemein ist, dass sie mit kriminalistischem Spürsinn recherchiert wurden.

Meilenstein der Geschichte
Denn der Autor, der sich der Regionalgeschichte verschrieben hat, war hauptberuflich Kriminalbeamter.
„Ich arbeitete im Landeskriminalamt Brandenburg für Bereiche wie Wirtschafts- und Bandenkriminalität“, blickt er zurück. Besonders in Erinnerung ist ihm dabei ein Fall, der bundesdeutsche Rechtsgeschichte schrieb: „Wir hatten in Wittenberge eine Einbrecherbande im Visier. Eine Randfigur war hier eine junge Frau, die sich schließlich aussagebereit zeigte. Um sie einzuschüchtern, legten sie ihre Kumpanen auf die Elbbrücke über den Straßenverkehr. Wie ist dies rechtlich zu bewerten? Nötigung oder Geiselnahme? Bisher galt ersteres. Der Fall ging bis zum Bundesgerichtshof, der hier mit einem Grundsatzurteil neue Weichen stellte. Seitdem ist das nachgewiesene subjektive Empfinden des Opfers entscheidend. Wenn sich dieses in Todesangst befand, ist das Merkmal eines Mordversuchs gegeben.“

Überregionale Schlagzeilen
Der Falkenseer, der stolz darauf ist, mit seinem Elternhaus im ältesten Gebäude in der Siedlung um die Ruppiner Straße zu wohnen, machte für gut zehn Jahre überregional Schlagzeilen. Er war aktiv in der Gewerkschaft „Bund Deutscher Kriminalbeamter“, kurz „BDK“. Er kämpfte dort als Vize-Chef und Pressesprecher des Landesverbands Brandenburg gegen den massiven Abbau von Personal und Ausbildungsmöglichkeiten. Insbesondere kritisierte er, dass es im Land kein spezifisches kriminalistisches Studium mehr gab, wie er es selbst absolviert hatte. Damals, nach dem Abitur, hatte sich der 1965 geborene „Ur-Falkenseer“ für ein Studium von Kriminalistik an der „Humboldt-Universität zu Berlin“ und später Geschichte an der „Universität Potsdam“ entschieden.

Alles im Blick
„Die Historie hat mich schon immer begeistert. Nur, wie damit den Lebensunterhalt verdienen? An der Kriminalistik faszinierte mich die fächerübergreifende Vielseitigkeit. Ich hatte hier heute unvorstellbare 18 Studiengänge. Es ging um Rechtsfragen, um Kriminaltechnik, um Gerichtsmedizin. Wir wurden in Ballistik und Fotografie ausgebildet. Ein Sachverhalt sollte immer mit ganzheitlichem Ansatz geklärt werden. Spezielle Gutachten musste man verstehen können, um in der Lage zu sein, daraus die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Dieses fächerübergreifende Vorgehen habe ich ebenfalls in meinen geschichtlichen Forschungen verwendet. Dieser Ansatz setzt sich hier erst jetzt allmählich durch.“

Bier und Landwirtschaft
Mit seiner Masterarbeit nahm er das „Zwangsmühlensystem“ unter die Lupe: „Mehl fürs Brot und Malz fürs Bier waren wichtige Grundstoffe. Die Mühlen hatten also eine entscheidende Funktion. Da sie ans Wasserrecht gebunden waren, was wiederum hoheitlichen Charakter hatte, war streng festgelegt, in welchem Dorf eine Mühle betrieben werden durfte und aus welchen Orten kommend diese das Getreide verarbeiten konnte“, resümiert er.
Dabei vertiefte sich Dr. Treutler so sehr in die Materie, dass er nun zusätzlich eine exakte Aufstellung der Brandenburger Mühlen bis 1810 vorweisen kann.
Seine Doktorarbeit widmete sich anschließend der „Domänenpolitik von Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.“.
„Mit diesen Gütern erreichte der zweite preußische König eine wirtschaftliche und damit politische Stärke, die ohne Rohstoffe kaum herstellbar gewesen wäre. So erwirtschafteten die ‚Domänengüter‘ unter seiner Regierung bis zur Hälfte der Staatseinnahmen, was erst den Aufbau eines schlagkräftigen stehenden Heeres und die Anhäufung eines Staatsschatzes ermöglichte. Sein Sohn, Friedrich II., konnte sich daraufhin als Feldherr profilieren.“

Familien im Blick
Mit diesem tiefen Interesse an der Regionalgeschichte lag es nahe, dass Dr. Treutler zusagte, den Vorsitz für die „Brandenburgische Genealogische Gesellschaft Roter Adler e.V.“ zu übernehmen. Diese wurde 2006 in Potsdam mit 14 Gründungsmitgliedern offiziell ins Leben gerufen. Heute sind hier an die 250 Hobby-Familienforscher organisiert. Der Verein betreibt eine überaus informative Internetseite, über die man seinen Vorfahren hinterher forschen kann. Außerdem gibt es dazu einen Fachverlag. Darin erscheinen die vierteljährlichen Informationszeitschriften, ein Jahrbuch und diverse Sach- und Belletristik-Bände.

Weltweite Anfragen
In seiner eigenen Familie kam der Falkenseer übrigens zu erstaunlichen Erkenntnissen: „Meine Vorfahren väterlicherseits haben ihre Wurzeln in Baden nördlich von Basel. Sie sind mittlerweile über viele Teile der Welt verstreut, doch alle mit dem Namen Treutler gehen auf den gleichen Ursprung zurück“, verblüfft er. So klar lassen sich Familien nur selten verfolgen. „Wir haben weltweit Anfragen, vielfach aus Ländern wie der Schweiz, Schweden, Kanada, USA, Brasilien und Argentinien. In Japan wurde im Fernsehen über uns berichtet. Dort gab es eine deutsche Familie namens Gärtner, die mit Innovationen im Gartenbau durch Modernisierung der Landwirtschaft von sich reden machte. Nun ging es darum, woher sie genau kamen. Leider konnten wir diese Sendung hier bei uns nicht verfolgen, da sie nur im japanischen Fernsehen lief.“

Wichtige Bildung
Während Dr. Gerd-Christian Treutler vor allem in Fachkreisen Bekanntheit hat, ist Ehefrau Jana Treutler vielen jüngeren Falkenseern ein Begriff: Die Lehrerin für Technik und Geografie kümmert sich als Konrektorin an der städtischen Oberschule ums Aufwachsen mit ausreichend Wissen. Selbstverständlich hat der Ehemann ihre Familiengeschichte ebenfalls mehrere Jahrhunderte zurückverfolgt. Dies geschah natürlich wie immer mit dem geschulten Auge des langjährigen Kriminalisten!

* In einer früheren Version dieses Berichtes hieß es, der Vater von Friedrich Wilhelm II. sei Friedrich II. gewesen, das war falsch. Der Vater war August Wilhelm von Preußen. Friedrich II. war sein Onkel.

Erstellt: 2023